Juristischer Rat vom Fachmann
Sie stellen auf Ihren Kontoauszügen fest, dass unbefugte Dritte Abhebungen von Ihrem Girokonto vorgenommen haben. Gleichzeitig bemerken Sie, dass Ihre EC-Karte verschwunden ist. Sie melden alles sofort der Bank, erstatten Strafanzeige und haben durch die Abhebungen 10.000 € weniger auf Ihrem Konto. Nach Überwindung der ersten Panikattacke versuchen Sie vergeblich herauszufinden, wie das geschehen konnte und wollen sich schon mit dem Verlust abfinden. Dies sollten Sie aber nicht voreilig tun, wie einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts entnommen werden kann.
Nicht gleich aufgeben
Die Kundin hatte ihre Bank auf Erstattung der abgehobenen 10.000 € verklagt und war damit in erster Instanz gescheitert. Das Oberlandesgericht hat das Urteil jedoch aufgehoben und die Bank zur Rückzahlung des ergaunerten Betrages verurteilt. Dabei hat es dahinstehen lassen, ob die Abhebungen mit einer gefälschten Dublette oder mittels der Originalkarte vorgenommen wurden. Gehe man von einer Fälschung aus, wäre dies dem Kunden nicht zuzurechnen. Wurde die Originalkarte verwendet und die richtige PIN eingegeben, habe der Kunde die Möglichkeit, durch einen glaubhaften Vortrag darzulegen, dass ein Diebstahl oder eine missbräuchliche Verwendung des Zahlungsauthentifizierungsinstruments vorgelegen habe. Im Klartext bedeutet dies, dass die Kundin den Anschein einer von ihr autorisierten Verfügung erschüttern musste, was im konkreten Fall auch gelang. Sie konnte darlegen, dass die Abhebungen zur Nachtzeit und vor allem durch viele aufeinander folgende Abhebungen von je 500 € erfolgten. All dies sprach gegen eine von der Kundin autorisierte Verfügung.
Der Bank wurde auch kein Schadenersatzanspruch gegen die Kundin wegen einer groben Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten zugestanden. Denn die Kundin konnte nachweisen, dass der PIN sicher und getrennt von der Karte aufbewahrt wurde. Allerdings wusste die Kundin nicht mehr mit Bestimmtheit zu sagen, ob sie ihre EC-Karte bei der letzten Abhebung vom Geldautomaten zurückerhalten oder ob sie die Karte versehentlich hatte stecken lassen. Denn ein solches Versehen stelle ein Augenblicksversagen dar, das nicht als grob fahrlässig einzustufen sei. Zusammengefasst stellte das Oberlandesgericht fest, dass der Kunde nicht beweisen müsse, dass er nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Es reichten die Darlegung und der Beweis dafür aus, dass eine ernst zu nehmende Möglichkeit eines untypischen Geschehensablaufs vorliege. Der Bank wurde lediglich ein Abzug in Höhe von 150 € für die abhanden gekommene EC-Karte zugestanden.
-RA Walter Opitz
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht
in der Kanzlei Kretschmann, Opitz u. Feldt