Pamphlet über Uli Hoeneß und Christian Wulf
Uli Hoeneß wird von den meisten irgendwie bemitleidet. Ex-Bundespräsident Christian Wulff irgendwie nicht. Der Eine hat Steuern in Millionenhöhe hinterzogen, fraglich ist nur, ob seine Selbstanzeige strafbefreiend wirkt. Der Andere soll die Übernahme von Hotel- und Kinderbetreuungskosten anlässlich des Oktoberfestes 2008 in Höhe von 760 € angenommen haben. Von Walter Opitz
Demgemäß müsste die öffentliche Meinung eigentlich umgekehrt ausfallen. Oder liegt es am ungeschickten Verhalten von Wulff im Vorfeld? Immerhin hat die Staatsanwaltschaft von ursprünglich über 30 Tatvorwürfen nur einen einzigen angeklagt. Jeder Normalbürger wäre mit einer Einstellung wegen geringer Schuld davongekommen.
Uli Hoeneß droht sogar Gefängnis und dennoch drückt man ihm irgendwie die Daumen. Denn er hat ja auch viel Gutes getan, z.B. seine Einnahmen aus Vorträgen pp. sozialen Zwecken in ganz erheblicher Höhe gestiftet. Bei Wulff drückt man nur ein bisschen, obwohl er schon so tief gefallen ist – beruflich wie privat.
Richtig böse ist man eigentlich beiden nicht. Hat man nicht selbst Ärger mit dem Finanzamt und ist man nicht bemüht, sich dem Würgegriff des Staates zu entziehen, wenn man seine eigene Lohnabrechnung liest? Aber es ist nun einmal strafbar, Steuern zu hinterziehen oder sich in einem hochstehenden Amt Vorteile zu verschaffen. Oder liegt es an dem Gefühl, dass es in der Republik einfach nicht fair zugeht und man sich dümmlich vorkommt, wenn man nicht wenigstens ein bisschen trickst?
Was ist denn mit den vielen Politikern, die unmittelbar nach dem Ausscheiden aus ihrem Amt in gut dotierte Stellen in der Wirtschaft gewechselt sind? Ex-Kanzler Schröder wurde 2006 Aufsichtsratschef eines Ostsee-Pipeline-Konsortiums, an dem die russische Gazprom wesentlich beteiligt ist. Als Kanzler hatte er dieses Vorhaben noch massiv unterstützt. Oder Silke Lautenschläger, die frühere hessische Sozialministerin, die Anfang 2011 in den Vorstand der privaten Krankenversicherung DKV gewechselt ist. Oder Joschka Fischer, der als Alt-68er nun Konzerne wie Siemens, BMW oder RWE berät. Oder ganz aktuell Ex-Staatsminister von Klaeden, jetzt übergangslos Cheflobbyist bei Daimler. Er soll noch als Staatsminister an einem Milliardendeal zwischen Daimler und dem Bund beteiligt gewesen sein, bei dem es um die Veräußerung der EADS-Anteile von Daimler in Höhe von 1,6 Milliarden Euro ging. Darüber soll die Staatsanwaltschaft inzwischen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet haben. Oder die Rettung maroder Banken durch Staatsbürgschaften, also durch Steuergelder. Für Deutschland geht es dabei ja nur um ca. 750 Milliarden Euro!
Sicherlich muss man die strafrechtliche von der ethisch-moralischen Seite trennen. Das fällt einem aber immer schwerer, die Wut nimmt zu. Leben uns die Politiker nicht permanent vor, dass man es mit der Wahrheit und Ehrlichkeit nicht so genau nehmen muss. Siehe nur die Wahlprogramme und das, was davon nach der Wahl übrig bleibt? Was also ist los?
1. Es ist, wie es ist (besser wär’s anders).
2. Ein bisschen schummeln wird ja wohl erlaubt sein (wenn man nicht erwischt wird).
3. Ein klein wenig von Uli und Christian steckt auch in uns (wir sind ja im Rheinland).
4. Im Übrigen wissen wir es nicht.
5. Der Verfasser auch nicht.
Fortsetzung folgt (vielleicht).
An Grafik: ZU Kasten Unser Gast-Autor Foto von Opitz
Unser Gast-Autor: Walter Opitz
Walter Opitz wurde 1952 in Mönchengladbach geboren und studierte Jura an der Universität Bonn. Seit 1979 ist er als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht tätig. Er arbeitet in der Anwaltskanzlei Kretschmann, Opitz, Feldt. Walter Opitz ist verheiratet und hat zwei Kinder.
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