Juristischer Rat vom Fachmann
Gemäß § 1578 b BGB können Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt der Höhe nach begrenzt oder zeitlich befristet werden. Das setzt u.a. ehebedingte Nachteile voraus. Solche liegen vor, wenn der Unterhaltsberechtigte – meistens die Ehefrau – wegen der Ehe auf ein eigenes berufliches Fortkommen ganz oder teilweise verzichtet hat und deshalb bei Scheitern der Ehe nicht oder nicht ausreichend in der Lage ist, seinen eigenen Bedarf sicherzustellen. In der Praxis versteht man unter ehebedingten Nachteilen meist, dass diese finanzieller Art sein müssen. Sie können aber auch darin liegen, dass die Ehefrau die minderjährigen Kinder weiter betreut und deshalb nicht vollschichtig erwerbstätig sein kann.
Beispiel aus der Praxis
Dies soll das folgende Beispiel verdeutlichen: Die Ehefrau versorgte zwei minderjährige 15 und 17 Jahre alte Kinder und arbeitete 30 Stunden wöchentlich. Ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt wurde abgewiesen, weil die Kinder angeblich nicht mehr betreuungsbedürftig waren (obwohl pubertätsbedingt das Gegenteil der Fall war!) Ihr wurde fiktiv ein vollschichtiges Einkommen zugerechnet, wodurch – wiederum fiktiv – auch ehebedingte Nachteile entfielen. Denn sie wurde so behandelt, als ob sie ein volles Gehalt verdient, obwohl sie tatsächlich nur 30 Stunden arbeiten konnte.
Fortschreibung der Fiktion
Damit wurde die Fiktion fortgeschrieben, dass sie ihren Unterhaltsbedarf selbst abdecken könne und der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt entfiele. Ein unbefriedigendes und ungerechtes Ergebnis! Gerade der Gesetzestext von § 1578 b BGB ließe es aber zu, diese Frage auch anders zu entscheiden. Denn die Betreuung von Kindern in diesem Alter ist in deren Interesse meist zwingend erforderlich, was viele Eltern leidgeprüft bestätigen werden. Deshalb sind Kinder – aber auch nur in diesem Zusammenhang – als ehebedingte Nachteile einzustufen. Solange die Betreuungssituation besteht, müsste deshalb nachehelicher Unterhalt uneingeschränkt gewährt werden. Dies entspricht der herrschenden Rechtsprechung derzeit aber nicht, also ein weiterer Beleg dafür, dass im Unterhaltsrecht noch einiges verbesserungswürdig ist.
RA Walter Opitz
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht
in der Kanzlei Kretschmann, Opitz u. Feldt